Vor vier Jahren haben wir uns beim gemeinsamen Reisen in Mittelamerika kennen gelernt. Seitdem können wir unsere Erlebnisse dort, die herzlichen Menschen, die unglaublich reiche Natur, die Musik und das Gefühl zu reisen einfach nicht vergessen. Und das wollen wir auch gar nicht. Nur eins steht fest: Wir müssen noch einmal nach Lateinamerika, denn einmal angefangen, ist das Reisen fast so etwas wie ein inneres Gesetz, man könnte es auch Fernweh nennen. Das ist einfach da, mal mehr, mal weniger und es hört erst wieder auf, wenn wir wieder da stehen, am Flughafen wie Schildkröten mit unseren Rücksäcken auf dem Rücken und dem Flugticket in der Hand, unsere Eintrittskarte in das Unbekannte. Dann sind wir nicht mehr Ingenieur oder Student. Dann sind wir Reisende, alles andere verschwimmt allmählich. Die Hektik und der Alltag liegen hinter uns und es ist, als würden wir ein Teil der Welt neu entdecken. Diesmal haben wir uns für Kolumbien und Peru entschieden. Semper, der selbst längere Zeit in Kolumbien gereist ist, beschreibt das Gefühl zu reisen so: „Ich konnte die fest geschriebenen und fest zementierten Denkgewohnheiten meiner Welt hinter mir lassen. Das tägliche Grauen aus hetzenden Menschen, Supermärkten, Verkehrsstaus, Parkplatzsuche, Handyklingeln und Fernsehbildern lag unendlich weit hinter mir. Amazonien war das Land, dem ich mich auslieferte. Alles war direkt, ohne Filter. Alles entstand neu." Drei Monate konnten wir uns diesmal frei nehmen. Diese Zeit liegt jetzt noch unbekannt vor uns und wir sind gespannt, mit welchen Erlebnissen sie sich diesmal füllen wird...

Donnerstag, Dezember 14, 2006

San Augustin

Hier finden wir unser bisher gemütlichstes Hostal. Ein sympathischer Schweizer hat sich hier eine schöne Finca aufgebaut (http://www.elmaco.ch). Wir wohnen in einem strohbedeckten liebevoll dekorierten Tipi, das in der Mitte eine kleine, gemütliche Feuerstelle hat. Alle, die Philipp kennen, können sich jetzt sicher schon vorstellen, was das bedeutet... Tatsächlich sitzt Jana am nächsten Abend hustend im qualmenden Häuschen bis sie es nicht mehr aushält und fluchend flüchtet während der eingenebelte Philipp tapfer, aber erfolglos mit dem feuchten Holz kämpft. Praktisch für ihn, so wird er die schimpfende Jana und die nervigen Moskitos gleichzeitig los.

Im Gemeinschaftspavillon mampfen wir mit den anderen Gästen Früchtemüsli mit selbstgemachtem Joghurt, frisch gebackenes Brot und leckere Pizza. Und als wir so zufrieden und voll gefuttert mit einer schnurrenden Katze auf dem Bauch in den Hängematten schaukeln, würden am liebsten garnicht mehr gehen.

Eigentlicher Anzugspunkt sind aber die Steinfiguren und Grabstätten der präkolumbianischen San Augstin Kultur, die sich über grosse Teile der Umgebung verteilen. Im wichtigsten Ort, dem archäologischen Park leisten wir uns mit den zwei Australiern, die eine Weile mit uns reisen einen sogenannten "Guia". Er führt uns zwischen den grimmig dreinschauenden Figuren umher und gibt uns "äusserst" hilfreiche Informationen. Die Australierin ruft z.B. begeistert:"Seht mal ein Pinguin!" Und der Guia antwortet kompetent:"Jaja, das sieht so aus wie ein Pinguin, ist aber keiner." Echt!? Und wir dachten schon hier hätten früher die berühmten Andenpinguine gelebt! Um uns so richtig gut hinters Licht zu führen erzählt er uns von seinen Erfahrungen mit psychogenen Pilzchen und packt seine selbst gebastelte Wünschelrute aus mit der er gewichtig zwischen den Skulpturen umherwuselt und alle zwei Meter geheimnisvolle Wasseradern oder Kraftfelder findet. Als er dann seine informative Wünschelrute nach der Lage des Nordens befragt und sich dieselbe magisch in die richtige Richtung bewegt, reicht es unserem grinsenden Australier, der nun ähnlich gewichtig durch die Gegend stolziert und die Stöckchen nach geheimnisvollen Gegebenheiten befragt:"Donde estoy yo?" (Wo bin ich?). Und oh Wunder dreht sich die Rute zu ihm. Wirklich ein mystischer Ort dieser Park! Für das nächste Mal wissen wir jedenfalls: wo Guia draufsteht ist nicht unbedingt auch Guia drin.

Am nächsten Tag suchen wir uns einen abgelegeneren Fundort aus, der Guia- und Touristenfrei ist und über einem sattgrünen Tal mit vielen schönen Wasserfällen liegt. Auf dem Rückweg treffen wir einen weiteren Schweizer, der sich hier eine Finca aufbaut und eine Deutsche, die in San Augustin Abstand vom zermürbenden Berufsalltag in Deutschland gefunden hat. Bei einem in der hauseigenen Quelle gekühlten Bier quatschen wir über Kolumbien.

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