Vor vier Jahren haben wir uns beim gemeinsamen Reisen in Mittelamerika kennen gelernt. Seitdem können wir unsere Erlebnisse dort, die herzlichen Menschen, die unglaublich reiche Natur, die Musik und das Gefühl zu reisen einfach nicht vergessen. Und das wollen wir auch gar nicht. Nur eins steht fest: Wir müssen noch einmal nach Lateinamerika, denn einmal angefangen, ist das Reisen fast so etwas wie ein inneres Gesetz, man könnte es auch Fernweh nennen. Das ist einfach da, mal mehr, mal weniger und es hört erst wieder auf, wenn wir wieder da stehen, am Flughafen wie Schildkröten mit unseren Rücksäcken auf dem Rücken und dem Flugticket in der Hand, unsere Eintrittskarte in das Unbekannte. Dann sind wir nicht mehr Ingenieur oder Student. Dann sind wir Reisende, alles andere verschwimmt allmählich. Die Hektik und der Alltag liegen hinter uns und es ist, als würden wir ein Teil der Welt neu entdecken. Diesmal haben wir uns für Kolumbien und Peru entschieden. Semper, der selbst längere Zeit in Kolumbien gereist ist, beschreibt das Gefühl zu reisen so: „Ich konnte die fest geschriebenen und fest zementierten Denkgewohnheiten meiner Welt hinter mir lassen. Das tägliche Grauen aus hetzenden Menschen, Supermärkten, Verkehrsstaus, Parkplatzsuche, Handyklingeln und Fernsehbildern lag unendlich weit hinter mir. Amazonien war das Land, dem ich mich auslieferte. Alles war direkt, ohne Filter. Alles entstand neu." Drei Monate konnten wir uns diesmal frei nehmen. Diese Zeit liegt jetzt noch unbekannt vor uns und wir sind gespannt, mit welchen Erlebnissen sie sich diesmal füllen wird...

Sonntag, November 26, 2006

Tarapoto

Nach dem ewigen Frieren in den Anden verabschieden wir uns nach einer weiteren Busfahrt endlich von unseren Wintersachen. In Tarapoto hängen wir plötzlich triefend vor dem geliebten Ventilator. Tarapoto, die Stadt der Mototaxis (siehe Foto). Wer hier in ein normales Auto einsteigt ist schon ziemlich uncool! Also schwanken auch wir auf diesen Gefährten durch die Botanik. An der etwas tümpligen, aber entspannenden Lagune werden wir abgeladen, schlürfen Bier und baumeln wie die Faultiere in unseren Hängematten.

Aber da halten wir es nicht lange aus, wo hier doch Affen, Hunde, ein Papagei und eine nette Familie leben. Etwas misstrauisch nähern wir uns den knuffigen Äffchen, die uns freundlich die Hand geben, dann wird das Schwänzchen um dein Bein gebunden und plötzlich sitzt Affe gemütlich auf Philipps Kopf und sucht verzweifelt Läuse. Der Andere öffnet modisch interessiert Philipps Klettverschluss von der Sandale und der nächste ist besonders eitel, da er Jana unbedingt ihr Haargummi klauen möchte. Hat man aber einmal so ein Klammeräffchen an der Hand, kommt man nur schwer weg und sonst gibt es ein riesen Geheule.

Und wie eigentlich immer, wenn man Interesse an den Tieren oder Kindern zeigt kommt man schnell in Kontakt zu den Menschen. Der ca. dreizehn Jahre alte Junge, der hier sein spezielles Leben führt, möchte uns unbedingt zu einer Cola einladen und danach füttern wir die Äffchen mit Inkacola und Yuka. Der Junge hat scheinbar keine Schulbildung und auch keine Freunde hier ausserhalb der Stadt. Er freut sich darum total über unsere Gesellschaft, führt uns alle möglichen Kunststückchen vor und läuft zum Abschied winkend hinter uns her.

Mittwoch, November 22, 2006

Chachapoyas – eine Gegend zum Bleiben

Unerwartet finden wir uns plötzlich in einer faszinierenden Gegend wieder. Am Hauptplatz, dem plaza de armas beobachten wir das quirlige Andenleben ausserhalb der Touristenzentren. Von weitem ruft jemand und winkt uns zu. Endlich erkennen wir den Chico wieder, der mit uns zusammen im Bus nach Chachapoyas gefahren ist. Philipp ist sofort sein „amigo“ mit dem er unbedingt mal ein Whisky oder ein Cerveza trinken möchte. Unser netter Hotelchef vergisst vor lauter Begeisterung für diese unglaublich vielfältige Gegend uns seine Tour zu verkaufen und gibt uns stattdessen die besten Tipps, wie wir das Ganze auf eigene Faust machen können.

So rumpeln wir dann am nächsten Morgen um vier Uhr früh im voll besetzten „Colectivo“(Sammeltaxi) über die ungeteerten Strassen. Mit im Auto sitzen Einheimische, die anfangs der Woche zur Arbeit fahren. Die Männer neben uns kennen sich zwar nicht, aber nach fünf Minuten Unterhaltung klopfen sie sich gegenseitig grinsend auf die Schultern:“Mi hermano“, mein Bruder, nennen sie sich und tauschen sich über ihr Leben aus. Hier freuen sich alle über uns Touristen, denn davon gibt es hier noch nicht so viele. So werden auch wir gleich freundlich über uns ausgefragt.

Unser eigentliches Ziel ist die Festung Kuelap, eine Präinkastadt, die das Volk der Chachapoyas gebaut hat. Umgeben von gewaltigen, praktisch uneinnehmbaren Mauern tront die Stadt auf der Spitze des Berges. Die Männer aus unserem Colectivo, die hier die Restaurierungsarbeiten machen laufen mit uns das letzte Stück den Berg hinauf und dann haben wir die Stadt für uns allein.
Das ist schon ein tolles Gefühl, als wir den Eingang passieren und vor uns die Steinmauern, Rundhäuser und Türme aus dem üppigen Nebelwald ragen! Begeistert klettern wir herum und freuen uns, dass hier noch nicht alles perfekt herausgeputzt ist, so macht das Entdecken einfach am meisten Spass!

Allerdings sind die Fortbewegungsmöglichkeiten hier beschränkt, denn den Weg, den wir gekommen sind können wir nicht mehr zurück da es keine Autos gibt. Also hufen wir auf der anderen Seite des Berges zehn Kilometer und 1200 Höhenmeter den Berg hinunter zum nächsten Dorf. Der alte Inkaweg führt an einfachen Holzhütten mit rennenden Hühern, lustigen Welpen, schmutzigen Schweinchen und sturen Eseln vorbei. Das nötige zum Leben transportieren die Leute mühsam mit Pferden und Eseln den steilen Hang hinauf und wir kreuzen die eine oder andere „Karavane“, aber alle die wir treffen versprechen uns, dass es im Dorf unten genug Autos zurück nach Chachapoyas gäbe.

Im verschlafenen Dorf angelangt setzen wir uns zu den netten, wenn auch etwas trägen Polizisten vor die Polizeistation und warten. Wir haben ja Zeit denken wir, als wir feststellen, dass zwar im 20 Minutentakt einige Autos vorbeifahren, die aber dummerweise immer in die falsche Richtung gehen. Plötzlich fahren zwei grinsende, filmende „Gringos“ in ihrem Mietwagen an uns vorbei, wenden am anderen Ende des Dorfes und fahren dann wieder an uns vorbei. Und da wir zu lange darüber staunen zwei Touristen an diesem einsamen Ort zu sehen, verpassen wir so leider eine mögliche Mitfahrgelegenheit.

So bleiben wir gezwungendermassen ein Bestandteil des langweiligen Dorflebens: Die alte Frau gegenüber mit ihrer bananenbeladenen Schubkarre, die Kinder, die mit Armeehosen und einem Holzgewehr Krieg spielen und natürlich die vier quasselnden Polizisten, die ab und zu mal ein Auto kontrollieren. Nach fast drei Stunden Warten werden wir dann doch langsam zappelig, was auch die freundlichen Polizisten bemerken: kurzerhand halten sie das nächstbeste, voll besetzte Colectivo an. „Wir haben hier noch zwei Gringos, rückt doch mal etwas zusammen“, sagen sie, schieben uns ins Taxi und winken grinsend zum Abschied. Da sitzen wir nun in dieser rasenden, klappernden Schüssel (Toyota Corolla) und fühlen uns wie eine Ölsardine, nur ohne Öl. So kann man sich den Airbag auch sparen! Eingeklemmt holpern sieben Erwachsene, vier Kinder und Gepäck auf der unbefestigten Erdpiste zurück.

Die Chachapoyas haben sich jedoch nicht nur eine coole Festung gebaut, sondern auch sonst noch eine Menge interessanter Sachen in der Gegend verteilt. So stehen wir am nächsten Tag staunend vor einer grossen Felswand. Erst nach genauem Hinsehen erkennen wir, was wir gesucht haben: Mitten in der Felswand befinden sich sehr gut erhaltene Figuren, die eigentlich Sakopharge sind, in deren Inneren sich auch heute noch Mumien befinden! (Siehe Foto!!)

Nach mehreren Stunden gehen und Auto suchen sind wir endlich zurück in Chachapoyas. Dort treffen wir dann die beiden anderen Touristen, die im Auto inzwischen mehrmals an uns vorbeigeholpert sind. Schnell stellt sich heraus, dass sich die beiden Frankfurter auch an uns erinnern können, „die ersten Touristen“, haben sie uns im Vorbeifahren genannt. Und bei einem Bier tauschen wir uns über unsere Erlebnisse in diesem tollen Land aus.

Sonntag, November 19, 2006

An der nördlichen Pazifikküste

Weiter entlang der kargen Küste reisen wir nach Norden. In Huanchuco einem kleinen Dorf bei Trujillo versucht Philipp das, was hier alle von klein auf lernen: surfen. Nach stundenlangem paddeln und salzwasserschlucken im kalten Meer wird er irgendwann wieder an Land gespült und träumt von der „perfekten Welle“, die auch den armen Anfänger trägt.

An der Küste in der Nähe liegen die historischen Ruinen der grössten präkolumbianischen Stadt Amerikas "Chan Chan". Der Ort wurde ca. 1300 v.Chr. gegründet und war mit ihren 60´000 Einwohnern von ungewöhnlich grossen Ausmassen. Später wurde die reiche Stadt von den Inkas eingenommen. Heute ist nur ein sehr kleiner Teil der Stadt erhalten bzw. restauriert, aber wir sind wirklich erstaunt, dass sich die über die Jahrtausende die gewaltigen Erdmauern, Fresken und Häuser relativ gut erhalten konnen. Rings um den restaurierten Teil verteilen sich über weite Strecken einzelne mit Erdmauern und tiefe Löcher im Erdreich –das Werk der vielen Grabräuber.


Mittwoch, November 15, 2006

Von den Anden an die Küste

Eben noch frierend auf 4000m Höhe, steigen wir plötzlich schwitzend fast auf Meereshöhe aus. Huacachina, eine kleine Oase in der Wüste ist unser nächstes Ziel. Umgeben von Sanddünen lädt dieser kleine Flecken Grün zum Relaxen am Pool ein. Dumme Idee, stellen wir am nächsten Tag fest, als wir unter dem Sonnenbrand leiden.

Weiter geht's nach Pisco, einer wenig glanzvollen aber sehr lebendigen Stadt am Pazifik. Hier, wie zur Zeit überall in Peru ist praktisch nonstop "Rumba" (Party) angesagt, denn am nächsten Wochenende sind Wahlen und wenn man die Leute hier überzeugen kann, dann wohl mit Fiestas, lauter Musik, reissenden Reden und permanenten Lausprecherdurchsagen. Am Hauptplatz, dem Plaza de Armas überschallen sich die Parteien dann gegenseitig und ständig werden weitere, noch grössere Lautsprecher nachgeliefert. Von tanzenden Maskottchen bis zu marschierenden Kleinkindern wird alles Mögliche aufgeboten. Die Tatsache, dass hier viele Wahlberechtigte weder Schreiben noch Lesen können bedingt ein spezielles Wahlprozedere: Jede Partei hat ein netsprechendes Symbol, das angekreuzt werden muss. Wie das geht sieht man praktisch an jeder Hauswand. Es gibt u.a. die Schaufel-, Besen-, Kartoffel-, Panflöten-, Topf-, und Lamapartei. Ganz klar dass wir nicht die Kartoffelpartei wählen würden wo doch Lamas viel niedlicher sind! Nachdem wir also den ganzen Tag und die halbe Nacht vom Wahlkampf beschallt werden, bemüht sich am Morgen das Federvieh um die Fortsetzung des Lärms. Hauptsache immer schön laut, da sind sich Mensch und Tier einig, denn pünktlich morgens um 5 Uhr liefern sich scheinbar zerstrittene Hähne ein heiseres Kikerikii Duell.

Von Pisco aus starten wir dann leicht übermüdet einen tollen Ausflug zu den Islas Ballestas, auch genannt Galapagos für Arme. Und wenn schon, arm ist die Artenvielfalt sicherlich nicht. Erst passieren wir mit unserem Boot ein vor ca 1500 Jahren in die Wüste geritztes Symbol mit der Form eines Kandelabers, ähnlich den berühmten Nazca Linien, welche sich ein paar hundert Kilometer südlich befinden. Wenn wir schon einmal dabei sind, nennen wir es eben Nazca für Arme. Bei der Umrundung der Islas häufen sich die Begeisterungsausrufe über diese Guanofabrik.
Eine Vielzahl verschiedenster Vogelarten belagert die kleinen Inselchen. Möwen kreisen umher, lustige Pelikane schlucken mit ihren bunten Schnäbeln Fische, Pinguine watscheln herum und Seelöwenkolonien faulenzen auf den Felsen und an den Stränden oder schwimmen um unser Boot. Wir sind wirklich begeistert!

Danach machen wir noch einen Ausflug zu einem Nationalpark, der sicher nicht für die blühende Natur, sondern für das vielfältige Leben im Wasser geschützt und bekannt ist - Hier treffen der kalte Humboldt Strom und wärmeres Pazifikwasser aus dem Norden zusammen, welches der Gegend eine gigantische Artenvielfalt beschert.

Mit einem kurzen Zwischenstop in Lima möchten wir dann weiter in den Norden reisen. Als wir in Lima mit all unserem Gepäck zum Busterminal watscheln, läuft Philipp eben noch brav nebenJana her, als er plötzlich wie von der Tarantel gestochen fluchend losrennt. Und trotz seines rucksackbedingten Maikäferaussehns kriegt er den Dieb seiner nicht wirklich teuren Tschibouhr zu fassen. Der unglückliche Dieb läuft dann auch noch einem Polizisten direkt in die Arme, aber unser Mitleid hält sich in Grenzen als der Polizist unseren "Freund" mit seinem Schlagstock recht unsanft an seine Tat erinnert.


Samstag, November 11, 2006

Unterwegs nach Machu Picchu

Unser gefährlich schaukelnder Autobus schlängelt sich mühsam die schmale Serpentinenstrasse hinauf. Die alte Indiofrau neben uns schiebt sich mit den schmutzigen Händen ihren Reis mit Hühnchenkeule in den Mund, schmatzt genüsslich, putzt sich die Hände an ihrem Rock ab und schmeisst den Plastikteller aus dem Fenster. Es ist kalt und regnet. Die Heizung funktioniert natürlich nicht. Wir sind unterwegs auf der Strasse von Cuzco nach Santa Maria (Quambaba) in Richtung Machu Picchu, der berühmten Inkastadt, nicht gerade auf dem direkten Weg, aber sicher auf dem Interessanteren. Nachdem wir in Cuzco inmitten unter anderen Touristen den horrenden Preis von 70USD pro Person für die Busfahrt nach Machu Picchu erfahren hatten, stand für uns fest, dass wir eine andere Möglichkeit finden wollten dorthin zu gelangen. Strassen bis Aguas Calientes, dem kleinen Ort unterhalb Machu Picchus, gibt es nicht. Aber wozu hat der Mensch Beine!

Ersteinmal liegt aber die lange Busreise vor uns, über einen 4600m hohen Pass und mal wieder als einzige Touristen staunend unter den Einheimischen. Als Jana ihre Colaflasche oben auf dem Gepäckfach verstauen möchte, wird sie plötzlich von der weissen Tüte nebenan angegackert. Da haben wir also wieder unseren Chickenbus, allerdings etwas eleganter als damals in Nicaragua, da Huhn heute mit Tasche reist. Übel wird dem armen Tier aber offensichtlich doch, was dann der weniger feine Geruch von Richtung Gepäckfach vermuten lässt. Da der Busfahrer von Pinkelpausen nicht viel hält, wird das drei Jahre alte Mädchen kurzerhand mit dem Po zuerst aus dem Fenster gehalten...

Die ungesicherte, meist einspurige Erdpiste schlängelt sich immer höher hinauf, auf der einen Seite begrenzt durch den Berg, auf der anderen Seite liegt offen die tiefe Schlucht. Plötzlich wird die holprige Fahrt mit einem kurzen Ruck unterbrochen. Inzwischen ist es Nacht geworden und wir sehen draussen Taschenlampen aufblitzen und hören das Rufen lauter Männerstimmen. Als wir aussteigen bietet sich uns ein wenig erfreuliches Bild: Ein grosser Haufen Steine und Erde haben sich über die Strasse verteilt, dazwischen wuseln blitzende Lichter geschäftig hin und her. Da ist kein Durchkommen, denkt sich der Europäer. Doch es werden ein paar Steine weggerollt, die ein Meter hohe Erde etwas umverteilt und festgetrampelt, bis der Busfahrer irgendwann keine Geduld mehr hat und aufs Gaspedal drückt. So rollt der Bus auf das Hindernis zu, schaukelt mal gefährlich nach links, mal nach rechts, aber die Dunkelheit lässt die tiefe Schlucht neben uns zum Glück nur erahnen und mit einem Ruck landen wir wieder auf der Strasse. Das wäre also geschafft und wir kurven den Berg hinab. Leider aber nicht lange, denn jetzt kommt der Berg erst so richtig in Bewegung. Tatsächlich versperrt kurze Zeit später eine zwei Meter hohe Wand aus abgerutschter Erde, Felsbrocken und Bäumen den Durchgang endgültig. Nun ist wirklich nichts mehr zu machen. Und schon rollt sich alles auf dem Sitz zusammen. Kurze Zeit später ertönt von allen Seiten ein rekordverdächtiges Schnarchkonzert, während wir uns noch fragen, wie wir die Nacht überstehen sollen ohne zu erfrieren.

Doch irgendwann vergeht auch diese Nacht und als wir aussteigen, um unsere verdrehten Glieder wieder einzurenken, bietet sich uns ein unbeschreibliches Bild: Eben noch in den kargen Anden finden wir uns inmitten dem lebendigen Nebelwald wieder. Hier treffen sich die Anden und der Amazonasurwald. Am Strassenrand wachsen blühende Orchideen, darüber ziehen dichte Nebelschwaden. Alles ist in einem kräftigen Grün gefärbt, an der steil abfallenden Talseite wächst dichter Urwald und weit unten hört man den Fluss rauschen. Während Jana begeistert mit der Kamera loshüpft, gesellt sich Philipp zu den wenigen Männern, die versuchen den riesigen Erdhaufen abzutragen. Als Philipp dann selbst zur Spitzhacke greift, ruft die Frau neben Jana begeistert: "Seht mal, der Gringo arbeitet!" und Jana wird von der Seite angestupst:"Das ist doch echter Abenteuerurlaub, oder?"

Doch bald stiehlt uns eine verfressene Kuh die Show, die erst heldenhaft über die verschüttete Strasse klettert, dann aber oberhalb des Erdrutsches super leckere Blätter erspäht. Das kann ich mir nicht entgehen lassen, denkt sie sich wohl, als sie immer höher den Berg hinaufklettert, immer die Zunge voran. Doch die Freude über das unerhoffte Futter hält nicht lange an, als der Berg wieder ein Stück nachgibt und die eben noch zufriedene Kuh plötzlich verdutzt in Richtung Abhang rutscht. Unter grossem Gelächter kann sie sich aber doch noch retten und verschwindet verschämt im Gebüsch.

Inzwischen konnten die Männer ein schmales, zwei Meter hohes Stück Erdhaufen einigermassen ebnen, so dass einige Autos gefährlich über das Hindernis holpern. Ein völlig durchgeknallter LKW Fahrer rattert plötzlich los, fährt ein Stück den Hügel hinauf, aber als ein Vorderrad schon haltlos über dem Abgrund hängt, sieht er endlich ein, dass er entweder abstürzt oder aufgeben muss. Irgendwann kommt dann ein Bagger angetuckert und erlöst uns von der Warterei. Nun geht die Fahrt weiter bergabwärts, der Nebel verzieht sich allmählich und gibt den Blick auf Bananenstauden, bunte Vögel, vereinzelte kleine Häuschen und eine Vielfalt von blühenden Pflanzen frei.

In Santa Maria angekommen gabelt uns ein kleiner Lastwagen (Camionetta) auf, wo wir auf der Ladefläche zwischen Lebens-, Haushaltsmitteln und tropfenden Benzinkanistern kräftig durchgeschüttelt werden. In Santa Theresa angekommen ziehen wir uns in einem freischwebenden Sitz, einer Art Lastseilbahnüber den reissenden Fluss . Nach einer weiteren Fahrt mit einem Camionetta sind wir endlich am Wasserkraftwerk, dem Ausgangspunkt unserer Wanderung nach Aguas Calientes angelangt. Entlang der Bahnschienen stapfen wir gut gelaunt durch die eindrückliche Natur und kommen nach circa zweieinhalb Stunden vom Regen durchtränkt, aber zufrieden in Aguas Calientes an.

Am nächsten Morgen steht schon früh die nächste Wanderung den Berg hinauf nach Machu Picchu an. Nach eineinhalb Stunden Geschnaufe von Janas Seite und um 80 USD ärmer, passieren wir endlich das Eingangstor nach Machu Picchu. Unterwegs wurden wir von einem freundlichen Wuffi begleitet, das freudig neben uns herhüpfend nach Machu Picchu gewandert ist. Am frühen Morgen noch fast menschenleer, präsentiert sich uns Machu Picchu als fast mysthischer Ort. Die terassenförmig angeordneten Steinbauten sind in weissen Neben gehüllt. Eingebettet in die einmalige Natur bildet alles eine natürliche Einheit. Die schmalen, hohen, waldbewachsenen Berge bieten ein wirklich eindrucksvolles Panorama hinter den exaten Steinbauten der Inkastadt. Bei der Besichtigung treffen wir wieder auf unseren Machu Picchu Hund, der scheinbar interessiert die Gebäude besichtigt. Auf den historischen Steinwegen laufen lebendige Rasenmäher (kauende Lamas) auf und ab, die heutigen Bewohner der Inkastadt. Da die Stadt flächenmässig relativ klein ist, schaffen wir den Rückweg noch vor dem pünktlichen Einsetzen des Nachmittagregens.


Am nächsten Morgen als wir früh den Rückweg nach Santa Teresa antreten, sitzt am Fusse des Machu Picchu Wanderweges schon fröhlich der Machu Picchu Wuffi. So scheint der geschichtlich interessierte Hund wohl jeden Tag zu verbringen.

Donnerstag, November 09, 2006

Cuzco - eine Stadt zum Wohlfühlen

In Cuzco fühlt man sich schnell heimisch. Trotz der vielen Touristen und des kalten Klimas hat die Andenstadt viel Charme. Die Altstadt besteht aus vielen kleinen Gässlein, Kirchen und ist regelrecht herausgeputzt, obwohl sich das eigentliche Leben ausserhalb des Stadtzentrums abspielt. Wir geniessen unsere gemütliche Hospedaje, schlürfen selbstgemachte Erdbeerbatidas und lassen es uns gut gehen.

Sonntag, November 05, 2006

Auf dem Titikakasee

Der Titikakasee ist anderes, als wir ihn uns vorgestellt haben. Der See ist auf 3800m Höhe mitten in den Anden gelegen und somit der höchste navigierbare See der Welt (was auch immer das heissen mag). Die Umgebung ist sehr karg und am Rande der Hochebene zeichnen sich wenig spektakuläre, wenn auch sehr hohe Berge ab. Bei Sonnenschein ist das Wasser eisblau und wir haben bei dem rauhen Klima hier wenig Lust auch nur einen Zeh ins Wasser zu halten.

Mit einem Tourboot, das sich zwar Puma nennt, aber die Geschwindigkeit einer Schnecke hat, erreichen wir zunächst die "Islas flotatas", die eine weltweit einmalige Konstruktion sind. Rein aus einem zwei Meter dicken aufeinandergeschichteten Schilfrohrteppich bestehend, schwimmen die kleinen Inseln frei in der Schilflandschaft am Rande des Sees. Das Schlifrohr vermodert im See und muss immer wieder neu aufgeschichtet werden, was ganz praktisch ist, da man sich so das Staubsaugen erspart. Auch in anderer Hinsicht hat so eine Insel Vorteile: zerstreiten sich die Mitbewohner, wird die Insel eben einfach durchgeschnitten. Problem gelöst. Oder man stellt sein Schilfhaus auf ein Boot und setzt es kurzerhand auf der anderen Insel mit der hübschen Tochter wieder ab.

Heute gibt es aber nur noch ein paar hundert Menschen, die das ursprüngliche Leben auf den Inseln, versteckt im Schilfrohr führen. Die anderen Gemeinden haben sich den Tourismus zur Einnahmequelle gemacht und ihre kleine Insel nach diesen Bedürfnissen umfunktioniert. So werden wir freundlich winkend von Frauen in Trachten begrüsst und dürfen unsere neugierigen Touristenfüsse auf jeden Flecken der sanft federnen Insel setzen. Allerdings fühlen wir uns mehr wie in einem Museum, denn ihre Wohnhäuser haben die Menschen verständlicherweise auf einer anderen Insel. Eintritt wird nicht verlangt, dafür gibt es eine obligatorische Fahrt auf einem Reetboot zu einer anderen Insel.

Unglaublich, was man mit Schilf alles machen kann! Da werden Bänke, Stühle, Körbe, Häuser oder eben ganze Inseln gebaut. Ausserdem ist der weisse Teil des Schilfrohrs eine echte Delikatesse, finden jedenfalls die Einwohner.

Später tuckern wir stundenlang weiter durch den See, bis wir die in dem Fall natürliche Insel "Amantani", erreichen. Entgegen unseren Erwartungen ist leider auch hier ein grosser Teil des Lebens auf den Tourismus ausgelegt, aber mit etwas Phantasie gibt es noch Einiges zu entdecken, das ursprünglich ist. Jedenfalls gibt es auf der Insel weder Hotels noch Einkaufsläden und die Menschen leben sehr einfach und ursprünglich in enger und kooperativer Gemeinschaft.
Die Nacht verbringen wir bei einer Gastfamilie und unsere Gastmutter führt uns den Berg weit hinauf in ihr einfaches Zuhause, während sich Jana (noch leicht geschwächt) schnaufend den steilen Weg hinauf quält. Die Verständigung fällt leider etwas schwer, da sie die Indiosprache Quechua und nur wenig Spanisch spricht. Auf ihrem Platz in der dunkelen, rauchgeschwärzten Küche mit dem Erdboden kocht sie uns über dem Holzfeuer unser Essen und leckeren Cocatee.


Im Haupthaus liegen die wenigen Habseligkeiten wenig geordnet herum und es gibt weder fliessend Wasser noch Strom oder einen Ofen. Dafür bietet das Haus aber einen wunderschönen Blick über die Insel mit den schön angelegten Steinwegen und den weiten Titikakasee. Unsere Gasteltern haben zwei Töchter, die fast den gesamten Tag damit verbringen mit der knuffigen Babykatze zu spielen.

Ganz nach Philipps Geschmack stapfen wir durch den kalten Wind auf den höchsten Punkt der terrassenförmig aufgebauten Insel. Dorf befinden sich Reste einer alten Tempelanlage und in der Ferne sehen wir die weissen Schneespitzen der Berge Boliviens. Und würde der Wind nicht so kalt um unsere Kapuzen sausen könnt man meinen, wir wären am Mittelmeer in der Cinque Terre, mit den blühende Kakteen, Steinmauern und Gräsern. Jedes Stück Land ist mühsam von Hand für den Ackerbau vorbereitet. An uns zieht eine schwer beschäftigte schmatzende und malmende Schafherde vorüber.

Am Abend werden wir zwar übel touristisch, aber dennoch witzig in die einheimischen Trachten gesteckt und zur Dorfdisko geschleift. So löst sich auch endlich das Rätsel um die pummeligen Indiofrauen, die eigentlich garnicht dick sind, sondern nur sehr unvorteilhafte Röcke tragen. So hüpft Philipp mit seinem Poncho und einer Alpacaohrklappenmütze und Jana mit ihrem Pummelrock zur Livemusik der Dorfband durch den Raum.

Nach einer unglaublich kalten Nacht wärmen wir uns am nächsten Morgen in der inzwischen richtig gemütlich wirkenden Küche mit einem Cocatee und einem leckerem Frühstück auf, während draussen der Wind um das Häuschen pfeift.

Zurück auf dem Boot stellen wir fest, dass die Alpacamützen mit den Ohrklappen, die jetzt auf den Köpfen der Touristen fröhlich im Wind flattern, ein echter Verkaufsschlager waren. Dafür stehen wohl jetzt so einige Schafe frierend auf der Weide.

Donnerstag, November 02, 2006

Kotzeritis und Durchfall am Titikakasee


In Puno, der Hafenstadt am Titikakasee angekommen, haben wir das Glück ein typisches Volksfest der Einwohner mitzuerleben. Die Punowoche wird mit einem langen Umzug gefeiert. In bunten Trachten, mit viel Glitzer und in zum Teil skurrilen Kostümen tanzen die Leute durch die Strassen. Begleitet wird der Umzug von Männern mit Trommeln, Blasinstrumenten, Panflöten und Sonstigem, die ihr Instrument mal besser, mal schlechter beherrschen.



Als Krönung des Tages beschliessen wir den Mann mit der winkenden Kitschkatze zu besuchen, was bedeutet, dass wir chinesich essen gehen. Ein riesiger Fehler, wie Jana am nächsten Morgen feststellen muss, denn ihrem Magen geht es garnicht mehr gut. Aber dank unserer umfangreichen Medikamentensammlung, die Jana sorgfältig im Internetapothekenshop erstanden habt, sind wir ja bestens ausgerüstet.

Stutzig wird sie jedoch als sie die Dosierungsanleitung der Kohletabletten liest (klick auf`s Foto unten): "Zur Behandlung von fütterungsbedingten Erkrankungen des Verdauungstraktes erhält jede Taube eine Tablette pro Tag." Und so langsam wird ihr bewusst, dass mit Taube wohl nicht sie gemeint ist. Aber was soll`s denkt sie, was so eine Brieftaube kann, kann ich schon lange und schiebt sich tapfer die doppelte Tagesdosis zwischen die Zähne. Aber während eine kranke Brieftaube wohl nach der Einnahme fröhlich davon geflogen wäre, findet Jana sich plötzlich über der Toilettenschüssel hängend wieder.

Einen Tag später leistet ihr Philipp stinkende Gesellschaft. Und so vegetieren wir in unserem Hotelzimmer dahin und verfluchen den Mann mit der winkenden Katze. Als wir endlich begreifen, dass dagegen mit Brieftaubentabletten nicht viel zu machen ist, erstehen wir in einer Drogerie problemlos eine Familienpackung Antibiotika. Irgendwann vergeht zum Glück also auch diese quälende Episode und wir können endlich das tun, wozu wir hergekommen sind: den Titikakasee erkunden.