Vor vier Jahren haben wir uns beim gemeinsamen Reisen in Mittelamerika kennen gelernt. Seitdem können wir unsere Erlebnisse dort, die herzlichen Menschen, die unglaublich reiche Natur, die Musik und das Gefühl zu reisen einfach nicht vergessen. Und das wollen wir auch gar nicht. Nur eins steht fest: Wir müssen noch einmal nach Lateinamerika, denn einmal angefangen, ist das Reisen fast so etwas wie ein inneres Gesetz, man könnte es auch Fernweh nennen. Das ist einfach da, mal mehr, mal weniger und es hört erst wieder auf, wenn wir wieder da stehen, am Flughafen wie Schildkröten mit unseren Rücksäcken auf dem Rücken und dem Flugticket in der Hand, unsere Eintrittskarte in das Unbekannte. Dann sind wir nicht mehr Ingenieur oder Student. Dann sind wir Reisende, alles andere verschwimmt allmählich. Die Hektik und der Alltag liegen hinter uns und es ist, als würden wir ein Teil der Welt neu entdecken. Diesmal haben wir uns für Kolumbien und Peru entschieden. Semper, der selbst längere Zeit in Kolumbien gereist ist, beschreibt das Gefühl zu reisen so: „Ich konnte die fest geschriebenen und fest zementierten Denkgewohnheiten meiner Welt hinter mir lassen. Das tägliche Grauen aus hetzenden Menschen, Supermärkten, Verkehrsstaus, Parkplatzsuche, Handyklingeln und Fernsehbildern lag unendlich weit hinter mir. Amazonien war das Land, dem ich mich auslieferte. Alles war direkt, ohne Filter. Alles entstand neu." Drei Monate konnten wir uns diesmal frei nehmen. Diese Zeit liegt jetzt noch unbekannt vor uns und wir sind gespannt, mit welchen Erlebnissen sie sich diesmal füllen wird...

Samstag, Dezember 23, 2006

El Valle

Das Dorf El Valle liegt abseits der Touristenzentren und den modernen Grossstädten. Die einzige Strasse aus dem Ort führt in das nächste Dorf und endet dort. Auf der einen Seite wird das Dorf durch den undurchdringlichen Regenwald begrenzt, der direkt in den weiten Pazifik mündet. Hier kennt jeder jeden, das ganze Leben läuft auf den nicht asphaltierten Strassen ab, Gewalt oder Kriminalität kennt man hier nicht. Nach kurzer Zeit haben wir das Gefühl das halbe Dorf zu kennen: mit Einigen waren wir gemeinsam auf dem Schiff, Andere treffen wir beim Schlendern durch die Strassen und am Strand.

In die langen Sandstrände, die wir praktisch für uns allein haben münden viele kleine Flüsschen. Wir folgen einem Bächlein ein Stück in den Urwald und stehen plötzlich vor einem kleinen Wasserfall mit frischem, klaren Wasser und natürlich geniessen wir diese wunderschöne Naturdusche. Danach baden wir noch im warmen Pazifik und bestaunen den kitschig schönen Sonnenuntergang.

Im Hotel gibt es jeden Abend frischen, leckeren Fisch und danach verziehen wir uns mit unserer Rumcola zufrieden in die Hängematten. Bei einem unserer Strandspaziergänge treffen wir eine freundliche Hotelbesitzerin, die am Strand regelmässig die Schildkröteneier einsammelt, damit sie nicht von anderen Leuten gefunden und gegessen werden. Sie übergibt uns zwei kleine supersüsse, einen Tag alte Meeresschildkröten, die in unseren Händen aufgeregt mit den Flossen zappeln. Mit unseren kleinen "Patenkindern" in der Hand gehen wir zum Strand und setzen die Beiden auf den Sand.
Da krabbeln sie nun mehr oder weniger zielstrebig auf das Meer zu, stolpern tapsig über den einen oder anderen Stein und werden von der ersten Welle auf den Rücken gespült, bis sie endlich strampelnd mit dem Köpfchen aus dem Wasser ragend von den Wellen in den weiten Pazifik gezogen werden. Abgesehen von knuffigen Babyschildkröten treffen wir am Stand aber auch viele nette Leute, so auch Neider, der uns in den wenigen Tagen ein richtiger Freund wird. Mit ihm gehen wir am nächsten Abend auch zur "Rumba" ins Dorfzentrum, wo die Leute auf ihre ganz eigene Art und Weise die Vorweihnachtszeit feiern. Mit Trommeln, Rasseln, Gesang und viel Rum ziehen die Leute bis spät in die Nacht im Watschelschritt durch die Strassen.

Am nächsten Tag machen wir mit Neider in einem Boot einen Ausflug in den Nationalpark "Ensenada de Utria", wo wir durch den Regenwald wandern und am wunderschönen Playa Blanca im warmen Pazifik plantschen. Dort treffen wir auch einige Indios, die auf der Insel praktisch alles finden, was sie zum Leben brauchen. Viel weiter den Fluss hinauf leben auch andere Indios, die den Kontakt zur moderen Welt komplett ablehnen und dort ein abgeschiedenes Leben führen.

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