Vor vier Jahren haben wir uns beim gemeinsamen Reisen in Mittelamerika kennen gelernt. Seitdem können wir unsere Erlebnisse dort, die herzlichen Menschen, die unglaublich reiche Natur, die Musik und das Gefühl zu reisen einfach nicht vergessen. Und das wollen wir auch gar nicht. Nur eins steht fest: Wir müssen noch einmal nach Lateinamerika, denn einmal angefangen, ist das Reisen fast so etwas wie ein inneres Gesetz, man könnte es auch Fernweh nennen. Das ist einfach da, mal mehr, mal weniger und es hört erst wieder auf, wenn wir wieder da stehen, am Flughafen wie Schildkröten mit unseren Rücksäcken auf dem Rücken und dem Flugticket in der Hand, unsere Eintrittskarte in das Unbekannte. Dann sind wir nicht mehr Ingenieur oder Student. Dann sind wir Reisende, alles andere verschwimmt allmählich. Die Hektik und der Alltag liegen hinter uns und es ist, als würden wir ein Teil der Welt neu entdecken. Diesmal haben wir uns für Kolumbien und Peru entschieden. Semper, der selbst längere Zeit in Kolumbien gereist ist, beschreibt das Gefühl zu reisen so: „Ich konnte die fest geschriebenen und fest zementierten Denkgewohnheiten meiner Welt hinter mir lassen. Das tägliche Grauen aus hetzenden Menschen, Supermärkten, Verkehrsstaus, Parkplatzsuche, Handyklingeln und Fernsehbildern lag unendlich weit hinter mir. Amazonien war das Land, dem ich mich auslieferte. Alles war direkt, ohne Filter. Alles entstand neu." Drei Monate konnten wir uns diesmal frei nehmen. Diese Zeit liegt jetzt noch unbekannt vor uns und wir sind gespannt, mit welchen Erlebnissen sie sich diesmal füllen wird...

Montag, Dezember 11, 2006

Bogota

Gepflegte Kolonialhäuser, moderne Autos, Menschen in teuren Anzügen, blinkende Weihnachtsbeleuchtung. Bogota präsentiert sich uns als moderne Stadt, als Geschäfts- und Kulturzentrum. Egal ob tagsüber oder abends, wir fühlen uns auf den Strassen in der gepflegten Altstadt Candelaria sicher, welche die bedrückende Stimmung und den Schmutz von Lima vermissen lässt. Doch umso mehr sind sie offensichtlich, die Gegensätze Bogotas. Auf den Strassen vor den gepflegten Kolonialstilhäusern streiten sich verwahrloste Hunde und völlig mittellose Menschen buchstäblich um den Abfall der Wohlhabenden. Zwischen den noblen Shoppingmalls und Geschäftszentren im Norden und den heruntergekommenen Slums im Süden der Stadt teilt sich die Welt.

Am Wochenende spielt sich ein grosser Teil des Lebens auf dem Hauptplatz, dem "Plaza Bolivar" ab. Familien schlendern Eis schleckend über den Platz, Liebespärchen flanieren über die Avendia und geniessen die freie Zeit. Um jedoch von dieser Illusion des unbeschwerten Lebens abzulenken sitzen schwarz verschleierte Frauen unter ihrem dunklen Regenschirm entlang der Avenida und bilden eine vier Kilometer lange Menschenreihe der Erinnerung. Vor jeder Frau liegt ein Stein auf dem eine Jahreszahl und der Name ihres ermordeten Sohnes, Vaters oder Ehemannes steht. Sie möchten an die Menschenrechtssituation des Landes erinnern, das trotz einiger positiver Veränderungen noch immer die weltweite Spitzenposition in Bezug auf die Mord- und Entführungsrate einnimmt.

Bogota ist eine Stadt, die nachdenklich stimmt, aber auch verlockenden Komfort bietet. Diesen nutzen wir auch und gehen erstmal schicke Latinojeans shoppen. Ein Muss ist auch das faszinierende Goldmuseum, das hinter blitzenden Vitrinen erstaunliche Stücke aus Gold und Keramik aus präkolumbianischen Zeiten ausstellt. Jetzt wissen wir auch wo Von Däniken seine abgedrehten Ideen her hat! (siehe Foto)

Eine sehr sympathische, wenn auch langatmige Führung bekommen wir im Polizeimuseum in dem neben den üblichen Dingen auch persönliche Gegenstände und das Blut des bekannten Bosses der Drogenmafia Pablo Escobar, brutale Fotos von anderen getöteten Narcotraficantes und von Kugeln zerfetzte Uniformen erschossener Polizisten ausgestellt sind.

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