Vor vier Jahren haben wir uns beim gemeinsamen Reisen in Mittelamerika kennen gelernt. Seitdem können wir unsere Erlebnisse dort, die herzlichen Menschen, die unglaublich reiche Natur, die Musik und das Gefühl zu reisen einfach nicht vergessen. Und das wollen wir auch gar nicht. Nur eins steht fest: Wir müssen noch einmal nach Lateinamerika, denn einmal angefangen, ist das Reisen fast so etwas wie ein inneres Gesetz, man könnte es auch Fernweh nennen. Das ist einfach da, mal mehr, mal weniger und es hört erst wieder auf, wenn wir wieder da stehen, am Flughafen wie Schildkröten mit unseren Rücksäcken auf dem Rücken und dem Flugticket in der Hand, unsere Eintrittskarte in das Unbekannte. Dann sind wir nicht mehr Ingenieur oder Student. Dann sind wir Reisende, alles andere verschwimmt allmählich. Die Hektik und der Alltag liegen hinter uns und es ist, als würden wir ein Teil der Welt neu entdecken. Diesmal haben wir uns für Kolumbien und Peru entschieden. Semper, der selbst längere Zeit in Kolumbien gereist ist, beschreibt das Gefühl zu reisen so: „Ich konnte die fest geschriebenen und fest zementierten Denkgewohnheiten meiner Welt hinter mir lassen. Das tägliche Grauen aus hetzenden Menschen, Supermärkten, Verkehrsstaus, Parkplatzsuche, Handyklingeln und Fernsehbildern lag unendlich weit hinter mir. Amazonien war das Land, dem ich mich auslieferte. Alles war direkt, ohne Filter. Alles entstand neu." Drei Monate konnten wir uns diesmal frei nehmen. Diese Zeit liegt jetzt noch unbekannt vor uns und wir sind gespannt, mit welchen Erlebnissen sie sich diesmal füllen wird...

Freitag, Oktober 20, 2006

La vida en Cartagena

Draussen rattert ein Holzwagen vorbei und eine laute Stimme ruft: “Naranja para ustedes!” Irgendwo hat jemand sein rauschendes Radio mit Salsamusik voll aufgedreht. Auf der Strasse lachen Kinder. Wir liegen auf unserem Bett und über uns surrt der Ventilator, unser fast wichtigster Gegenstand in diesem Zimmer.
Endlich sind wir zurück in Lateinamerika. Alles ist neu und doch irgendwie bekannt. Die herzlichen Menschen, die das Leben einfach so nehmen, wie es kommt. Die Strassenverkäufer mit ihren Früchten oder einem heissen “tinto”. Der alte Mann auf dem Plaza mit einem Gesicht, dass das Leben gekennzeichnet hat. Mühselig zieht er einen alten Holzkarren hinter sich her und es scheint als wäre er schon immer hier gewesen und gehöre genau dort hin. Die Kinder in ihren Schuluniformen. Die verwahrlosten Hunde. Die Gegensätze.
Cartagena ist anderes als die Städte in Lateinamerika, die wir bisher kannten. Umgeben von massiven Befestigungsmauern ist der Stadtkern regelrecht herausgeputzt. Gut erhaltene und gepflegte Kolunialbauten, geschmackvoll arrangierte Restaurants und blühende Pflanzen machen es uns zunächst schwer zu glauben, dass wir nicht aus Versehen in Europa gelandet sind. Wenn wir dann aber die Altstadt verlassen, finden wir uns mitten im Leben wieder. An jeder Ecke hört man lautes Autohupen, Hammerklopfen und rasselnde Nähmaschinen.
Das ist das Handwerkerviertel in dem wir uns irgendwie am wohlsten fühlen. Andere Stadtteile lassen nichts mehr von dem erahnen, wie prunkvoll die Altstadt ist. Doch diese liegen ausserhalb, eben an solchen Orten, die nicht für Touristen bestimmt sind.

Schon nach 5 Tagen fühlen wir uns hier fast schon wie zu Hause. Unsere Gastfamilie ist recht freundlich, aber trotzdem fühlen wir uns fast wie im Hotel, denn in das Familienleben sind wir doch wenig integriert. Aber über das Essen und unser Zimmer können wir uns nicht wirklich beschweren, also:”no hay problema.” Auch in unserer Sprachschule fühlen wir uns schnell wohl, obwohl wir nur fünf Studenten sind. Dafür ist der Unterricht umso intensiver und wir lernen nicht nur viel Spanisch und Salsatanzen, sondern auch viel über das Leben hier, denn unsere Lehrer sind sehr nett und erzählen uns viel über ihr Leben.
Zum Thema Klima lässt sich nur so viel sagen:“estamos klebiando“ Wir gehen mal davon aus, dass ihr versteht, was damit gemeint ist. Hu, ist das eine Hitze hier und wo bitte ist der Winter? Alles ist hier voller Pfützen, aber der Regen hat ein echt gutes timing und kommt meistens nur nachts.

Am Wochende gehen wir mit anderen Studenten und ein paar Kolumbianern in eine Diskothek. Ohweh, da können einem schon fast die Tränen kommen, wenn man an die steifen Tanzversuche der Schweizer denkt. Hier sind einfach alle in Bewegung und das mit allem, was man so bewegen kann. Ganz anders als zu Hause bestellt man hier auch nicht ein bescheidenes Gläschen Alkohol. Da wird einfach ohne grossartige Kompromisse eine Flasche Rum, ein Kübel Eis und Cola geordert und dann noch eine zweite Flasche und weil`s so schön war……

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wie die Zeit vergeht ... sehr hat er mir gefallen der Reisebericht und die ganz tollen Fotos. Hat Spaß gemacht alles zu lesen. Eine tolle Reise.

saludos desde Medellin (Colombia)
Carlos
http://www.kolumbienforum.net